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Gemeinsames Gebet

Bis hierher ging es uns bei dem Thema Gebet nur um das eigene, individuelle Gebet.


„Allein standest du vor Gott, als er dich rief, allein musstest du dem Ruf folgen, allein musstest du dein Kreuz aufnehmen, musstest du kämpfen und beten, und allein wirst du sterben und Gott Rechenschaft geben. Du kannst dir selbst nicht ausweichen, denn Gott selbst hat dich ausgesondert….”

Zugleich sind wir in eine Gemeinschaft aus Gläubigen berufen und sollen eben nicht alle Kämpfe alleine durchstehen:


“…In der Gemeinde bist du berufen, der Ruf galt nicht dir allein, in der Gemeinde der Berufenen trägst du dein Kreuz, kämpfst und betest du. […] Missachtest du die Gemeinschaft der Brüder, so verwirfst du den Ruf Jesu Christi, so kann dein Alleinsein dir nur zum Unheil werden.”

(Dietrich Bonhoeffer)



„Wie viele Gläubige gibt es, die meinen, sie könnten ganz allein Christen sein! Aber Gott wird diese Einstellung nicht zulassen. Oft werden ihre individuellen Gebete nicht erhört; ihr persönliches Bibelstudium erleuchtet sie nicht, und sie können durch ihr persönliches Suchen auch den Willen Gottes nicht erkennen. Würde solch ein Christ zu einem Bruder oder einer Schwester sagen: „Mit dieser Sache komme ich alleine nicht zurecht - hilfst du mir bitte?“; und würden sie gemeinsam beten, dann würde er Klarheit finden. Was er allein nicht verstehen konnte, wird er klar erkennen, wenn er die Antwort zusammen mit seinem Bruder sucht. Oft meinen solche Menschen in ihrem Stolz, sie kämen sonst allein gut zurecht und könnten nur diesmal ausnahmsweise die Lösung nicht finden. Dieser Individualismus muss jedoch in der Gemeinde zerbrochen werden. Wir müssen es erlauben, dass Christus in uns mit dem Christus in allen andere Geschwistern in einem Leib zusammengefügt wird.“ (Watchman Nee in „Die Herrliche Gemeinde“)


Wir brauchen einander und sollen uns auch brauchen - sollen Abhängigkeit lernen und in der Beziehung zueinander wachsen. Auch im gemeinsamen Gebet. Für unsere eigenen Anliegen und in der Fürbitte für andere.


Gemeinsam sind wir stark

Es ist nicht ohne Grund, dass man in Selbstverteidigungskursen lernt: „Isolation leads to victimization“ (Isolation führt dazu, dass man zum Opfer wird). Oder um es biblisch zu sagen:

„Es ist besser, dass man zu zweit ist als allein, denn die beiden haben einen guten Lohn für ihre Mühe.
Denn wenn sie fallen, so hilft der eine dem anderen auf; wehe aber dem, der allein ist, wenn er fällt und kein Zweiter da ist, um ihn aufzurichten!
Auch wenn zwei beieinanderliegen, so wärmen sie sich gegenseitig; aber wie soll einer warm werden, wenn er allein ist?
Und wenn man den einen angreift, so können die beiden Widerstand leisten; und eine dreifache Schnur wird nicht so bald zerrissen.“

(Prediger 4,11)


Löwen sagt man nach, dass sie in Rudeln jagen. Die einen scheuchen durch ihr Gebrüll die Herde auf mit dem Ziel, dass sich in der Panik einzelne separieren und dann den anderen Löwen in die Fänge laufen. Das greift auch Petrus auf: „Seid nüchtern und wacht! Denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlingen kann.“ (1Petrus 5,8)


Bei der geistlichen Waffenrüstung erwähnt Paulus den Schild des Glaubens. Es ist davon auszugehen, dass er beim Schreiben aus dem Gefängnis die römische Rüstung vor Augen hatte. Wenn Paulus also vom „Schild des Glaubens“ redet, „mit dem ihr alle feurigen Pfeile des Bösen auslöschen könnt.“ kann uns ein genauer Blick auf einen römischen Schild einiges lehren. Die Römer hatten Großschilde, mit denen sie in unterschiedlichen Formationen kämpften. In der Regel so, dass sie nach Abwurf der Langspeere (durch die die meisten Kämpfe oft schon entschieden waren - möglicherweise ein gutes Bild für Gebet?) als Gruppe voranschritten, oder den Feind auf sich zulaufen ließen, um dann immer die gleiche Bewegung auszuführen: Schild hoch - zustechen - Schild runter. Die Schilde waren dabei leicht asymetrisch gekrümmt, sodass der eigene Schild immer die offene Seite des nächsten schützte. Im Bild gesprochen kann also der Glaube des einen die Schwachstelle seines Nächsten schützten. Vorausgesetzt: Sie stehen eng zusammen.


Ein starkes Bild für geistliche Gemeinschaft, die auch im Gebet zum Tragen kommt.


Das gemeinsame Gebet ist allerdings auch etwas, das Übung bedarf, denn…

1. … es braucht Mut und Barmherzigkeit: Als Gruppe gehen wir vor Gottes Thron, und wenn immer einer Person betet, so ist sie in dem Moment der Sprecher für die anderen. Die anderen stehen - im Bild gesprochen - hinter ihr und bestätigen ihre Aussage (bspw. durch ein kräftiges „Amen“ (= „So ist es!“) am Ende des Gebets) Der Beter ist in dem Fall als Sprecher der Gruppe vor Gott und nicht nur für sich alleine. Das braucht Umsicht. Wie sollen die anderen ein Amen sprechen, wenn ich auf einmal in meine privaten Anliegen abrutsche oder um Dinge bitte, die die anderen nicht bejahen können? Zugleich ist jeder in der Gruppe gefordert, mit Barmherzigkeit auf das Reden des Beters zu hören. Nicht jeder ist Redebegabt. Nicht jeder kann gut vor einer Gruppe reden.


2. …es bedarf Selbstbeherrschung.

Es gibt regelrechte „Krebsgeschwüre“ des Gruppengebets, die ganz leicht durch die Selbstbeherrschung jedes einzelnen Teilnehmers entfernt werden können:

  • immer die gleichen christliche Phrasen, die aneinander gereiht werden (oft mit dem Ziel, das eigene fromme Profil herauszustellen)

  • nur beten, weil die anderen ja sonst schlecht von mir denken könnten

  • nicht beten, obwohl mich der Geist drängt

  • Beten, um den anderen zu predigen

  • Tratsch verbreiten oder sich dadurch profilieren, dass man mehr über die Person/Sache weiß, für die gerade gebetet wird

  • es gibt gerade nur ein einziges konkretes Anliegen, aber es sollen noch einmal „zwei oder drei dafür beten“

  • beten um Dinge, die Gott schon versprochen hat („Sei bitte bei uns…“)

  • langes Beten mit großen Worten (weil man sich selbst so gerne reden hört oder privat so wenig betet)

  • zu viel Konzentration auf die Zuhörer, anstelle auf den Adressaten (Gott), was sich im Laufe des Gebets durch Verwirrung in der Anrede (Jesus, Herr, Vater im Himmel, Gott) zeigt.

Das Gruppengebet kann das private Beten nicht ersetzen, sondern es ist eine wichtige Ergänzung. Auch hier gilt das, was Dietrich Bonhoeffer in „Gemeinsames Leben“ sehr gut auf den Punkt brachte:

„Wer nicht allein sein kann, der hüte sich vor der Gemeinschaft. Wer nicht in der Gemeinschaft steht, der hüte sich vor dem Alleinsein.”

(Dietrich Bonhoeffer)



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