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Der Sabbat - Lass dich mal in Ruhe!

Es ist schon merkwürdig, aber Ausruhen ist eine geistliche Disziplin.


Wenn man genau hinschaut, leben wir in einer Kultur, in der Geschäftigkeit zu einem regelrechten Fetisch geworden ist: Man findet für Stille und Ruhe wenig Zeit und Langeweile (sofern sie jemals aufkommen sollte) wird unbewusst mit Faulheit gleichgesetzt.


Während es in den 90er Jahren noch die Aktion „Ohne Sonntag gibt es nur noch Werktage“ gab, hat man heute manchmal den Eindruck, dass wir Christen uns „der Freiheit“ rühmen, auch am Sonntag noch Aufgaben zu erledigen, zu denen man unter der Woche nicht gekommen ist. Da wundert es nicht, dass viele sich ständig müde und einfach nur überfordert fühlen.

Gott aber ist das Ausruhen nicht nur wichtig, sondern heilig! Beim Sabbat geht es jedoch weder um eine gesunde work-life balance noch darum, schwere neue Gebote aufzubürden. Der Sabbat ist ein Geschenk an uns Menschen. Ein Tag der Freude und der Erholung. Ein Stück Ewigkeit, das wir schon jetzt jede Woche erleben dürfen.



Was ist Sabbat?


Das Wort Sabbat bezeichnet im wesentlichen den siebten Tag der Woche und ist hebräischen Ursprungs: שָׁבַת (SCHaWaT) ausruhen/Ruhe, aufhören (zu arbeiten). Darüber hinaus hat es - fast wie ein „Teekesselchen“ - eine klangliche Verwandtschaft mit den Worten שֶּׁבֶת (SCHäWäT) sitzen, bleiben, wohnen und שֶׁבַע (SCHäWA) sieben (der siebte Tag), was wohl bewusst gewählt wurde, wenn man die erste Erwähnung des Wortes anschaut:


"Und Gott vollendete am siebten Tag sein Werk, das er gemacht hatte; und er ruhte am siebten Tag von all seinem Werk, das er gemacht hatte.

Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte er von all seinem Werk, das Gott geschaffen hatte, indem er es machte." (1. Mose 2,2-3)


Wofür ist der Sabbat?


Die Bedeutung des Sabbats


Was war das erste heilige Objekt in der Geschichte der Welt? War es ein Berg? War es ein Altar? Nein. Das Wort heilig wird in der Bibel bemerkenswerter Weise das aller erste Mal für Zeit verwendet:

„"Und Gott segnete den siebten Tag und machte ihn heilig." Im Schöpfungsbericht findet sich kein Hinweis auf ein Objekt im Raum, das mit der Eigenschaft der Heiligkeit ausgestattet wäre. … Der Sinn des Sabbats ist es, die Zeit und nicht den Raum zu feiern. Sechs Tage in der Woche leben wir unter der Tyrannei der Dinge des Raumes; am Sabbat (hingegen) versuchen wir, uns auf die Heiligkeit der Zeit einzustimmen. Es ist ein Tag, an dem wir aufgerufen sind, an dem teilzuhaben, was der Zeit nach ewig ist - uns von den Ergebnissen der Schöpfung dem Geheimnis der Schöpfung zuzuwenden; von der Welt der Schöpfung zur Schöpfung der Welt.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


"Der Höhepunkt der Schöpfung ist nicht die Menschheit, wie wir so arrogant angenehmen. Vielmehr ist der Tag der Ruhe der Höhepunkt, an dem die ganze Schöpfung zusammenkommt und in Frieden und Harmonie miteinander lebt. Der Sabbat wird zum krönenden Dach des ganzen Hauses."

A. J. Swoboda, Subversive Sabbath


Es mag uns vielleicht nicht immer bewusst sein, aber wir Menschen sind Geschöpfe, die auf nahezu verrückte Art und Weise auf Dinge und Plätze fokussiert sind: Tempel, „heilige“ Stätten, Götzenstatuen, Talismane und Amulette und auch unser westliches Denken zeigt, wie sehr wir uns von Dingen bestimmen lassen.


Die Heiligung (= Aussonderung) eines Tages und nicht eines bestimmten Ortes oder Objektes ist deshalb im Hinblick auf die menschengemachten Religionen und Philosophien einzigartig. Selbst unser Wort „Realität“ leitet sich von dem lateinischen Wort res („Ding“) ab und meint: Der Raum der Dinge.


Gott möchte also unseren Blick abwenden von dieser „Realität“, die uns so in ihren Bann zieht und unsere Augen für Seine Gegenwart blendet.

Verfolgt man das Thema durch die Bibel hindurch so fällt auf:


Erst nachdem das Volk Israel der Versuchung erlegen war ein Ding, ein goldenes Kalb, anzubeten, wurde von Gott die Errichtung einer Stiftshütte - einer Heiligkeit im Raum - befohlen. „Die Heiligkeit der Zeit stand an erster Stelle, die Heiligkeit des Menschen an zweiter und die Heiligkeit des Raumes an letzter Stelle. Die Zeit wurde von Gott selbst geheiligt; der Raum, die Stiftshütte, von Mose (siehe 4. Mose 7,1).“ Abraham J. Heschel, The Sabbath

Die Betonung von Zeit ist zudem ein vorherrschendes Merkmal dessen, was die Propheten im Name JHWHs verkündeten: Der "Tag des Herrn" ist viel wichtiger, als "das Haus des Herrn".


Kein Wunder - nicht einmal in den Zehn Geboten ist von einem heiligen Ort die Rede. Im Gegenteil: Nach dem Ereignis auf dem Berg Sinai wird Mose gesagt „An jedem Ort, wo ich meines Namens werde gedenken lassen, werde ich zu dir kommen und dich segnen.“ 2. Mose 20,24.


Das Sabbatgebot


Das konkrete Sabbatgebot wird uns als das vierte der zehn Gebote genannt:

"Sechs Tage sollst du arbeiten und all deine Arbeit tun, aber der siebte Tag ist Sabbat für den HERRN, deinen Gott. Du sollst [an ihm] keinerlei Arbeit tun, du und dein Sohn und deine Tochter, dein Knecht und deine Magd und dein Vieh und der Fremde bei dir, der innerhalb deiner Tore [wohnt]. Denn in sechs Tagen hat der HERR den Himmel und die Erde gemacht, das Meer und alles, was in ihnen ist, und er ruhte am siebten Tag; darum segnete der HERR den Sabbattag und heiligte ihn." 2. Mose 20:9-11


An anderen Stellen (2. Mose 23,12; 31,13-16; 34,21; 3. Mose 23,32; 5. Mose 5,12-15) wird das Gebot noch um weitere Konkretionen ergänzt: Ein Sabbat soll vom Abend bis zum Abend gehen, wir Menschen sollen die Arbeit niederlegen und ausruhen, denn der Sabbat ist ein Tag völliger Ruhe. Nicht jedoch nur für uns Menschen, sondern auch für das Vieh und dieses Gebot gilt bemerkenswerter Weise auch in der Zeit des Pflügens und der Ernte.


Das Geschenk der Ruhe


Der Sabbat als Ruhetag ist ein Geschenk an uns Menschen. Gott weiß, dass in dieser Welt die Ruhe fehlt und so hat Er sie uns aufgetragen.


"Dieses Gebot ist dasjenige, das den größten Segen bietet und am positivsten formuliert ist; es ist eines von nur zwei Geboten, die mit einer positiven Ermutigung und nicht mit einem negativen Verbot beginnen."

Brian Edwards, The Ten Commandments


In keiner anderen Religion und Kultur gibt es einen solchen Ruhetag. Der griechische Philosoph Aristoteles erkannte zwar die Bedeutung von Ruhe, jedoch aus einem rein pragmatischen Motiv heraus: Wir können nicht ununterbrochen arbeiten, also müssen wir Ruhen, um wieder Kräfte für die Arbeit zu sammeln.


Für das biblische Denken jedoch ist Arbeit nicht das Ziel der Dinge, sondern nur „Mittel zum Zweck, und der Sabbat als Ruhetag, als Tag der Enthaltsamkeit von der Arbeit, dient nicht dem Zweck, die verlorenen Kräfte wiederzuerlangen und für die kommende Arbeit fit zu werden. Der Sabbat ist ein Tag um des Lebens willen. Der Mensch ist kein Lasttier, und der Sabbat ist nicht dazu da, die Effizienz seiner Arbeit zu steigern. Der Sabbat ist "der Letzte in der Schöpfung, (jedoch) der Erste in der Absicht" und „die Vollendung der Schöpfung von Himmel und Erde“ (…) Der Sabbat ist nicht um der Wochentage willen da, sondern die Wochentage sind um des Sabbats willen da.“ (Abraham J. Heschel, The Sabbath)


„Wer in die Heiligkeit des Tages eingehen will, muss zuerst die Weltlichkeit des klappernden Kommerzes ablegen, das Joch der Arbeit. Er muss sich von der Handarbeit verabschieden und begreifen lernen, dass die Welt bereits erschaffen ist und ohne die Hilfe des Menschen überleben kann. Sechs Tage in der Woche ringen wir mit der Welt und ringen der Erde den Gewinn ab; am Sabbat (hingegen) kümmern wir uns besonders um den Samen der Ewigkeit, der in die Seele gepflanzt wurde. Die Welt hat unsere Hände, aber unsere Seele gehört einem Anderen.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


In der Schöpfungsgeschichte heißt es: "Am siebten Tag vollendete Gott sein Werk" (2. Mose 2,2) Das hat über die Jahrhunderte vielen zum Nachdenken bewegt. Steht da nicht: "Er ruhte am siebten Tag"? und "In sechs Tagen schuf der Herr Himmel und Erde" 2. Mose 20,11? Würden wir nicht erwarten, dass die Bibel uns sagt, dass Gott am sechsten Tag sein Werk vollendet hat?


Die Juden kamen in ihren Überlegungen darüber zu einem interessanten Schluss:

"Nach den sechs Tagen der Schöpfung - was fehlte dem Universum noch? Menuha (Ruhe). Es kam der Sabbat, es kam menuha, und das Universum war vollendet.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


„Menuha, das wir gewöhnlich mit "Ruhe" wiedergeben, bedeutet hier viel mehr als Rückzug von Arbeit und Anstrengung, mehr als Freiheit von Mühsal, Anstrengung oder Aktivität jeglicher Art. Menuha ist kein negativer Begriff, sondern etwas … immanent Positives. So müssen es auch die alten Rabbiner gesehen haben, wenn sie glaubten, dass es eines besonderen Schöpfungsaktes bedurfte, um sie ins Leben zu rufen - dass das Universum ohne sie unvollständig wäre.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


Für das biblische Denken ist menuha gleichbedeutend mit Glück und Stille, mit Frieden und Harmonie. So beschrieb Hiob den Zustand, der nach dem Leben auf dieser Erde kommt - den Zustand, nach dem er sich in seiner Pein so sehnte - mit einem Wort, dass sich von Menuha ableitet (Hiob 3,13.17; 14,13ff). Es ist der Zustand, in dem der Mensch still liegt, in dem die Bösen aufhören, andere zu plagen, und in dem die Müden zur Ruhe kommen. Es ist der Zustand, in dem es keinen Streit und keinen Kampf, keine Angst und kein Misstrauen gibt. „Die Essenz des guten Lebens ist menuha.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


Letztendlich wurde menuha im nach-christlichen Judentum zum Synonym für das ewige Leben.


Dabei ist der Gedanke nicht neu. Hätten die Juden das Neue Testament gelesen, hätten sie gesehen, dass schon der Verfasser des Hebräerbriefes die Ruhe des Sabbats als Abbild der Ewigkeit verstand (siehe Hebräer 4,1-11).


Zudem ist über die Jahrhunderte unzähligen Bibellesern aufgefallen, dass jeder Tag der Schöpfung mit einem Abend schloss - nur der Sabbat nicht. Er hatte kein Ende. Er war die Ruhe der Ewigkeit und es ist diese Ruhe, die wir Menschen verloren haben.


"Der Sabbat ist eine Erinnerung an die zwei Welten - diese Welt und die kommende Welt; er ist ein Beispiel für beide Welten. Denn der Sabbat ist Freude, Heiligkeit und Ruhe; die Freude gehört zu dieser Welt, die Heiligkeit und die Ruhe sind etwas von der kommenden Welt.“

Abraham J. Heschel, The Sabbath


Unser verrücktes Problem mit Ruhe


Obwohl sich wohl alle in irgendeiner Form nach dieser verlorenen Ruhe sehnen, scheinen wir Menschen tendenziell ein Problem mit Ruhe zu haben - und das nicht erst seit der industrialisierten Moderne.

Der Sabbat als Institution wird nämlich schon einmal vor der Verkündigung der zehn Gebote erwähnt, nämlich als Gott den Israeliten das himmlische Manna gab. Das gab es nur an den sechs gewöhnlichen Tagen der Woche, aber nicht am siebten Tag. Stattdessen schenkte Gott am Freitag die doppelte Menge, sodass die Israeliten am Sabbat nicht mehr sammeln mussten und sollten (vielleicht spielt Jesus im Vater Unser genau darauf an, wenn Er wörtlich sagt: „Gib uns heute das Brot für morgen“).


Einige Israeliten waren jedoch ungehorsam und gingen auch am Sabbat auf die Suche nach Manna. Nur deshalb gab Gott dann eine sehr konkrete Anweisung für den Sabbat:


So bleibe [nun] jeder von euch daheim, niemand verlasse am siebten Tag seinen [Lager]platz!“ und erst dann lesen wir: „So ruhte denn das Volk am siebten Tag.

2. Mose 16,29-30


Es war und ist also der Ungehorsam, der Gott dazu veranlasste, die Gebote um den Sabbat zu konkretisieren.


„Sabbat und Ehe sind insofern ähnlich, als es sich um Rechtsbegriffe handelt, die später verwendet wurden, um festzulegen, was die Menschheit zu tun hatte, nachdem ihr Schöpfungszweck missbraucht worden war. Lasst mich das veranschaulichen: Ich erinnere mich an das erste Mal, als ich allein Auto fuhr. Ich konnte fahren, wohin ich wollte, mit wem ich wollte und so schnell ich wollte. Mit dem Lenkrad in meinen Händen hatte ich Freiheit und Macht. Um jedoch sicherzustellen, dass ich meine neu gewonnene Freiheit und Macht nicht missbrauchte, gab es Gesetze. Die Regierung hatte eine Geschwindigkeitsbegrenzung festgelegt und verlangte von Fahrern und Beifahrern, Sicherheitsgurte anzulegen. Die Gesetze verdeutlichen, wie sicheres Fahren aussieht, zu meinem Vorteil und zum Vorteil aller anderen. Aber der Sinn der Gesetze besteht nicht darin, die Gesetze einzuhalten. Vielmehr sollen sie uns daran erinnern, worauf es beim sicheren Fahren ankommt.

Letztendlich glaube ich, dass Gott es hasst, Gesetze zu erlassen. Warum? Weil das Geben von Gesetzen impliziert, dass die Absicht besteht, sie zu brechen. Leider lieben wir es unser Leben auf Art und Weisen zu führen, für die Gott uns nie geschaffen hat. Gott schenkte uns eine Welt der Wonne, in der wir sowohl arbeiten als auch spielen können, aber über die Zeit hinweg haben wir seinen Weg ständig ignoriert. Gott musste das Sabbatgesetz einführen, weil die Menschheit es versäumt hatte, nach der Absicht der göttlichen Ruhe zu leben.“ A. J. Swoboda, Subversive Sabbath


Wie wichtig Gott diese Ruhe ist, wird darüber hinaus darin deutlich, dass Er auch dem Land (den Feldern) eine Sabbatruhe geben wollte und die Sabbatruhe sogar eine Funktion im gesamten kommerzielle Miteinander haben sollte (siehe 3. Mose 25,2-13). Aus dieser Passage stammt auch das bekannte Jobeljahr, das wie ein langer Sabbat alle 50 Jahre gelten sollte und in dem alle Schulden erlassen werden mussten (kein Rechtschreibfehler: „Jobeljahr“ kommt von hebr. Jovel „Widder“ und spielt auf das Blasen des Widderhornes an, das ein solches Jahr einleitete). Jesus nahm darauf Bezug, als Er sagte, dass wir uns heilsgeschichtlich nun in diesem großen Erlassjahr befinden - der HERRlichen Gnadenzeit, in der noch Umkehr und Befreiung möglich ist (vgl. Lukas 4,19).


Gilt das Sabbatgebot noch für uns Christen?


Der Sabbat war nie ausschließlich für Israel gedacht. In Markus 2,27 sagt Jesus, dass der Sabbat „um des Menschen willen geschaffen worden ist“ und macht mit dieser Aussage deutlich, dass es letztendlich um alle Menschen geht.

Gott gab den Sabbat…

… als Tag der absoluten Ruhe, zum Durchatmen und ausruhen (siehe oben)

… als Hinweis auf die ewige Sabbatruhe (siehe oben)

… als Tag zum Gedenken daran, von Ihm aus der Sklaverei erlöst worden zu sein (5. Mose 5,15)

… als stetige Erinnerung daran, dass dieses Leben und sein Erfolg nicht am eigenen Vermögen und der eigenen Kraft hängt, sondern an Ihm (siehe 5. Mose 8,11.17)

… als Tag der Wonne, der dazu führt, Vergnügen an Ihm zu finden (siehe Jesaja 58,13-14)

… als Zeichen der Zugehörigkeit zu Ihm und damit als Zeichen der Absonderung (Stichwort „Counter Culture“) zur Welt (2. Mose 31,13-14)


Alle diese Gründe sind auch für uns Christen relevant und treffen auch auf uns zu. Zudem würde keiner auf die Idee kommen, die restlichen der zehn Gebote als nicht mehr gültig zu sehen und abschaffen zu wollen.

Warum auch? Sowohl Jesus als auch die Apostel haben sie gelehrt, gelebt und bestätigt. Die Gute Nachricht des Evangeliums ist ja nicht eine Befreiung vom Gesetz per se, sondern eine Befreiung vom Bund des Gesetzes und eine Erlösung zur Freiheit, die ewig gültigen Teile des Gesetzes nun halten zu können (siehe bspw. Johannes 8,31-38 oder Jak 1,25).





„Wir sind nicht verpflichtet, den Sabbat zu halten, um unser Heil zu erlangen, sondern wir sind verpflichtet, ihn zu halten, weil wir unser Heil schon bekommen haben.“

Brian Edwards, The Ten Commandments


Eine interessante Beobachtung im Bezug auf die zehn Gebote kann uns Christen zudem zu denken geben:


In den ersten drei Geboten geht es um Gott. In den letzten sechs um das Leben mit unseren Mitmenschen. Das Sabbatgebot ist dabei wie eine Brücke zwischen den beiden Teilen von Geboten. Bemerkenswerterweise kann man in der Bibel beobachten, dass Israel die Sabbate hielt, wenn die Beziehung zu Gott in Ordnung war, und dass die Sabbate mit das erste waren, das die Israeliten aufgaben, wenn immer sie sich von Ihm abgewandt hatten.

"Besonders traurig an dieser ganzen Debatte ist, dass die Christen den Tag nicht als freudiges Privileg betrachten, sondern als lästige Pflicht. Möglicherweise liegt die Schuld daran zu oft bei denen, die versuchen, das vierte Gebot zu schützen, indem sie kein Vergnügen und keine normale Entspannung am Sabbat zulassen: diejenigen, die nur Freude an der Verweigerung von Freude haben und nur in der Abwesenheit von Freude Befriedigung finden! Die christliche Kirche wurde seit Jahrhunderten von fehlgeleitetem Elend geplagt, aber das ist dennoch kein Argument gegen den gütigen Plan Gottes.“ Brian Edwards, The Ten Commandments


Wer also bis hierher aufmerksam gelesen hat, der merkt: Das Sabbatgebot und die Ruhe an diesem Tag ist ein Geschenk von Gott an uns Menschen - die Frage, ob wir das Geschenk „annehmen müssen“ würde also lediglich zeigen, dass wir noch nicht begriffen haben, worum es geht.


Das Wort zum Sonntag

Es ist ohne Frage eine kirchengeschichtliche Kuriosität, dass wir Christen den Sonntag und nicht den Sabbat halten. Das hat zwei Ursachen:

  1. Neben dem Sabbat hielt die Urgemeinde auch den Sonntag als Auferstehungstag Jesu in besonderen Ehren und versammelte sich an diesem ersten Tag der Woche früh morgens noch vor der Arbeit. (Apg 20,7; 1Kor 16,2) Zudem war Jesus den Jüngern wiederholt an einem Sonntag erschienen (Joh 20,26), das Pfingstwunder fand an einem Sonntag statt (Apg 20,7; 3. Mose 23,15-16) und Johannes empfing die Offenbarung Jesu an einem Sonntag, der zu dem Zeitpunkt schon als „Tag des Herrn“ bezeichnet wurde (Offb. 1,10).

  2. Über die Zeit wurden die Stimmen lauter und der Ton schärfer, sich vom „ungläubigen Judentum“ deutlicher abzugrenzen, was letztendlich dazu führte, den Sonntag - den Tag des Herrn - zum christlichen Sabbat zu erklären.

Ob diese Abgrenzung zum Judentum sinnvoll und geistlich war, sei einmal dahingestellt. Doch sind die Dinge nun so, wie sie sind. Außer in Israel wird heute unter uns Christen weltweit der Sonntag als Sabbat angesehen und es ist es nicht wert, diesbezüglich eine Debatte in unseren Kirchen zu starten. Im Reich Gottes geht es um wichtigere Dinge. (Zudem bietet die fünf Tage-Woche in Deutschland jedem mit engem Gewissen die Freiheit, den Samstag als vollständigen Ruhetag zu halten)


Römer 14,5

Dieser Vers wird oft angeführt, wenn es darum geht, ein „Sabbatloses“ Leben zu rechtfertigen. Der Vers im Wortlaut:


„Der eine hält einen Tag vor dem anderen, der andere aber hält jeden Tag [gleich]. Jeder aber sei in seinem eigenen Sinn völlig überzeugt.“

Wer sich die Passage genauer anschaut, wird jedoch feststellen, dass es hier hier um Festtage geht, nicht aber explizit um den Sabbat. (Dasselbe gilt für Passagen wie Kol. 2,16-17)



Der „Sabbat“ ganz praktisch


"Wir sollten unsere Zeit nicht damit verbringen, darüber zu diskutieren, was wir am Sonntag tun oder nicht tun sollten. Wenn wir vom Grundsatz her richtig liegen und verstehen, wozu der Tag da ist, dann werden wir ihn auch genießen. Wir können es nicht besser machen als es in Jesaja 58,13-14 beschrieben wird.“

Brian Edwards, The Ten Commandments


Preludium


"Wenn du deinen Fuß vom Sabbat zurückhältst, deine Verlangen an meinem heiligen Tag zu tun, und nennst den Sabbat eine Wonne und den heiligen [Tag] des HERRN ehrwürdig, und [wenn du] ihn ehrst, so daß du nicht deine Gänge machst, deinem Verlangen nachgehst und [eitle] Worte redest, dann wirst du deine Lust am HERRN haben. Und ich werde dich einherfahren lassen auf den Höhen der Erde und werde dich speisen mit dem Erbteil Jakobs, deines Vaters. Ja, der Mund des HERRN hat geredet." Jesaja 58,13-14


"Zusammenfassend schließen wir mit den Worten aus Jesaja 58,13 ab, die uns anweisen, "den Sabbat eine Wonne zu nennen". Der Sabbat ist eine Wonne. Nicht nützlich. Erfreulich. Ja, es gibt unzählige Nebenprodukte, wenn wir den Sabbat in Ehren halten: Wir werden gesünder, glücklicher und verfügbarer für Gott und andere. Aber wir müssen vorsichtig sein - ein Sabbat, der Freude bereitet, ist etwas anderes als ein Sabbat, der nützlich ist. … Der Sabbat soll als ein Vergnügen an sich geschätzt werden, nicht als etwas, das wir benutzen, um etwas anderes zu erreichen. Das gilt für alle Dinge Gottes- wir benutzen sie nicht als Werkzeuge, um etwas zu bekommen. Und wir benutzen auch Gott nicht. Jean-Jacques Suurmond, ein niederländischer Theologe, spricht unsere pragmatischen Tendenzen an, Gott nur zu lieben oder dem Leben Gottes zu folgen, wenn es nützlich ist: "Wer versucht, die Existenz Gottes zu beweisen, indem er die Notwendigkeit Gottes aufzeigt, begeht denselben Fehler wie diejenigen, die behaupten, dass Gott in unserer modernen säkularisierten Gesellschaft keine Funktion mehr hat und damit überflüssig geworden ist. Beide gehen von der Nützlichkeit Gottes aus. . . . Gott ist nicht nützlich. Gott dient keinem Zweck, denn Gott ist ein Selbstzweck. . . . Gott ist oft entweder auf ein nützliches, berechenbares Idol reduziert worden oder wird als abwesend erlebt.“

Wir lieben Gott nicht, weil er für uns nützlich ist. Wir lieben Gott, weil er es wert ist, geliebt zu werden. "Gott ist interessant", schreibt Gunton, "an und für sich". Oder um es mit Karl Barth zu sagen: "Gott ist." Auch der Sabbat sollte nicht nur in nützlichen oder pragmatischen Begriffen verstanden werden. Ein Sabbat wird aus Gehorsam gegenüber Gott gehalten, nicht um etwas zu bekommen. Auch wenn es unendlich viele Vorteile hat, den Sabbat zu halten, tun wir es nicht wegen der Vorteile." A. J. Swoboda, Subversive Sabbath


„Sabbat und Evangelium verkünden dasselbe: Wir arbeiten nicht, um an einen Ort zu gelangen, an dem wir endlich atmen und ausruhen können - das ist Sklaverei. Vielmehr ruhen wir und atmen und genießen Gott, damit wir zur Ruhe kommen.“

A. J. Swoboda, Subversive Sabbath


„Die ganze Woche über können wir darüber nachdenken und uns Sorgen machen, ob wir reich oder arm sind, ob wir in unseren Berufen Erfolg haben oder scheitern, ob wir unsere Ziele erreichen oder nicht. Aber wer könnte sich beim Betrachten der Ewigkeit beunruhigt fühlen, außer dass er sich über die Eitelkeit seines Beunruhigtseins wundert?“

Abraham J. Heschel, The Sabbath


„Die Entscheidung, die Arbeit ruhen zu lassen, ist kein Zeichen von Schwäche und Versagen. Im Gegenteil, die Entscheidung, die Ruhe der Arbeit vorzuziehen, ist der ultimative Akt des mutigen Vertrauens in Gottes souveräne Hand über die Schöpfung. Er hat die Kontrolle über unsere Minuten.“ Shelly Miller, Mark Buchanan, in Rhythms of Rest


„“Sechs Tage sollst du arbeiten und alle deine Werke tun" (2. Mose 20,8). Ist es möglich, dass ein Mensch seine ganze Arbeit in sechs Tagen erledigt? Bleibt unsere Arbeit nicht immer unvollständig? Was der Vers ausdrücken will, ist: Ruht am Sabbat, als ob alle eure Arbeit getan wäre. Eine andere Auslegung: Ruht sogar von dem Gedanken an Arbeit.“ Abraham J. Heschel, The Sabbath


Entsprechend wird dem Englischen Wort busy (geschäftig) gerne nachgesagt, es sei ein Akronym:

Being

Under

Satan's

Yoke

(Unter Satans Joch sein).


Auch die Chinesen haben einen interessanten Interpretation von Geschäftigkeit wenn sie das entsprechende Piktogramm aus den Schriftzeichen „Herz“ und „Töten“ (繁忙) bilden. Geschäftigkeit tötet das Herz. Sie lässt uns aufhören, uns um die Dinge zu kümmern, die uns wichtig sind, und sie beraubt uns der Möglichkeit, Gott so zu kennen, wie wir es könnten.


„Wir haben uns von den Dingen vereinnahmen lassen, die das Ego nähren, aber die Seele aushungern. Betriebsamkeit tötet das Herz.“ Mark Buchanan, The Rest of God


„Mehr als alles andere behüte dein Herz; denn von ihm geht das Leben aus.“

Sprüche 4,23


Was also tun?


Nichts. Oder besser gesagt: So wenig wie möglich im Bezug auf das, was uns den Rest der Woche so beschäftigt. Sei es am Sonntag oder Samstag - das ist egal. Es geht darum, sich endlich zu disziplinieren, einen Tag in der Woche wirklich auszusondern - zu heiligen - als Tag ohne Arbeit, Tag der Freude, Gemeinschaft und Erinnerung an unseren wunderbaren Herrn. Ein Tag, der schon hier - im Trubel unser Welt - ein Stück Ewigkeit wird. Ein Feiertag im Alltag.


"Für den Menschen allein ist die Zeit schwer greifbar; für den Menschen mit Gott ist Zeit Ewigkeit in anderem Gewand."

Abraham J. Heschel, The Sabbath


Bei uns persönlich sieht das bspw. so aus, dass wir uns bewusst darin üben, den Sonntag von allem frei zu halten, was mit unseren Aufgaben unter der Woche zu tun hat. Das betrifft aktuell besonders das Vokabellernen, Emails beantworten und alle möglichen Arbeiten im und um’s Haus. Das ist manchmal echt gar nicht so leicht und bedarf immer wieder einer bewussten Entscheidung. Zudem haben wir festgestellt, dass es uns generell gut tut, so wenig Zeit wie möglich im Internet zu verbringen.


Den Morgen beginnen wir in der Regel mit einem ausgiebigen Frühstück, hören danach unsere Familienandacht und verbringen auch den Rest des Tages je nach Laune mit Dingen, die uns Entspannung und Freude bereiten. Auch ein richtiges „Sonntagsessen“ gehört nach Möglichkeit dazu. Manchmal haben wir Freunde zu Besuch und können den Tag in Gemeinschaft genießen.


A. J. Swoboda erzählt in seinem Buch "Subversive Sabbath" welche bewussten Handlungen sie als Familie in ihren "Sabbat" einbauen, die den Tag für sie zum Sabbat machen. Z.B. muss an dem Tag keiner sein Bett machen, es gibt zum Frühstück Pfannkuchen und die Kinder dürfen dabei soviel Ahornsyrup benutzen, wie sie wollen (was den Eltern beim Zusehen oft Magenkrämpfe verursacht). Es ist ein Familientag voller Spiele und gutem Essen.

Ihr seht: Die Gestaltung des Sabbats ist sehr individuell und muss nicht immer gleich sein. Es geht ja nicht darum, neue Gesetze aufzustellen, sondern einfach nur herauszufinden, wie der Sabbat für uns wieder zu dem besonderen Tag werden kann, den Gott sich gedacht hat: Ein Tag der Erholung, Wonne, Ausrichtung und Vorfreude auf die Ewigkeit.


„Die meisten von uns leben in der Angst, dass uns die Zeit davonläuft. Aber du und ich, wir sind Erben der Ewigkeit. Wir haben nicht zu wenig Tage. Wir müssen nur die richtigen Prioritäten setzen.“

Mark Buchanan, The Rest of God

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